Digitale Zwillinge und virtuelle Inbetriebnahme in der Industrie 4.0
Da wir oft danach gefragt werden, möchten wir in diesem Artikel auf einige wichtige Begriffe und Technologien und auf deren Anwendungsbereiche und Bedeutung aus unserer Sicht eingehen.
Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden vierten industriellen Revolution ist ein neu angefachtes Interesse an Technologien festzustellen, die es eigentlich schon einige Jahre gibt, die aber im Zeitalter der Industrie 4.0 von vielen Herstellern noch einmal in neuem Licht betrachtet werden. Da wir oft danach gefragt werden, möchten wir in diesem Artikel auf einige wichtige Begriffe und Technologien und auf deren Anwendungsbereiche und Bedeutung aus unserer Sicht eingehen.
Industrie 4.0
Der Begriff Industrie 4.0, wie wir ihn heute kennen, wurde erstmals in einer Präsentation auf der Hannover-Messe im Jahr 2011 von Professor Wolfgang Wahlster verwendet, der bis Januar 2019 Direktor und CEO des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz war. Der Begriff steht inzwischen für viele unterschiedliche Dinge (dieser Artikel bietet eine gute Zusammenfassung der verschiedenen Definitionen von Branchenexperten), aber die grundlegende Idee bleibt immer gleich: Industrie 4.0 ist die intelligente Vernetzung von Maschinen und Prozessen für die Industrie mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie.
Da die Vision und die Versprechen der Industrie 4.0 so weitreichend sind und ihre Auswirkungen so bedeutsam, können Hersteller diese Entwicklung nicht ignorieren. Die Möglichkeiten der Industrie 4.0 sind schließlich sowohl für Lieferanten als auch für Hersteller enorm: Die meisten Marktforschungsanalysten erwarten mindestens eine Verdopplung des Markts für Industrie-4.0-Technologien in den nächsten 5 Jahren. Die Auswirkung dieser Technologien auf die globale Wirtschaft lässt sich in Zahlen ausdrücken: McKinsey schätzt, dass Industrie-4.0-Technologien für Fabriken bis 2025 einen wirtschaftlichen Effekt in Höhe von 1,2–3,7 Billionen US-Dollar pro Jahr haben werden.
Industrie 4.0 ist die intelligente Vernetzung von Maschinen und Prozessen für die Industrie mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie.
Digitaler Zwilling
Das Konzept des Digitalen Zwillings wurde in den frühen 2000er-Jahren vor allem durch die Arbeit von Michael Grieves bekannt, der an der University of Michigan forschte. Das Modell des Digitalen Zwillings von Grieves bestand aus drei Hauptkomponenten: a) physische Produkte im realen Raum, b) virtuelle Produkte im virtuellen Raum und c) die Verbindung der Daten und Informationen, die die virtuellen und realen Produkte miteinander verknüpfen. Über die Jahre hat sich die Definition (und die potenziellen Möglichkeiten) des Digitalen Zwillings verändert, aber das grundlegende Konzept ist gleichgeblieben: ein dynamisches, virtuelles, von einer Software generiertes Abbild von physischen Assets und Prozessen.
Es gibt viele Anwendungsbereiche und -szenarien für den Digitalen Zwilling, und da in diesem Bereich viel geforscht wird und zahlreiche Innovationen entstehen, wird die Liste ständig länger. Zu den allgemeinen Anwendungsbereichen des Digitalen Zwillings zählen unter anderem:
- Validieren von Systemmodellen mit Daten aus der realen Welt
- Ausgeben von Entscheidungshilfen und Warnungen für Nutzer
- Vorhersagen von Änderungen in physischen Systemen
- Entdecken neuer Anwendungsmöglichkeiten und Einnahmequellen
Die potenziellen Vorteile von Anwendungen, bei denen ein Digitaler Zwilling zum Einsatz kommt, sind mehr als überzeugend: verbesserte Effizienz, bessere Produktqualität, weniger ungeplante Ausfallzeiten und kürzere Anlaufzeiten, um nur einige zu nennen. Digitale Zwillinge können schon bei den ersten Planungsschritten für eine Fabrik eingesetzt werden sowie später bei der Konstruktion, Inbetriebnahme und Wartung, sodass sie im gesamten Produktionslebenszyklus eine wichtige Rolle spielen.
In Bezug auf Investitionen in das Konzept des Digitalen Zwillings sind Hersteller heute viel überzeugter von seinen Vorteilen. Nachdem das Konzept nun schon seit einigen Jahren bekannt ist, investieren immer mehr Hersteller in diesem Bereich. Eine aktuelle Studie, für die LNS Research 300 Führungskräfte befragt hat, ergab, dass 75 % von ihnen in ihren Unternehmen Initiativen für Digitale Zwillinge entweder implementiert haben oder diese planen.
Über die Jahre hat sich die Definition (und die potenziellen Möglichkeiten) des Digitalen Zwillings verändert, aber das grundlegende Konzept ist gleichgeblieben: ein dynamisches, virtuelles, von einer Software generiertes Abbild von physischen Assets und Prozessen.
Virtuelle Inbetriebnahme
Die Konzeption und Implementierung einer neuen Produktionslösung ist oft ein zeitaufwendiger und teurer Prozess. Nachdem die Konzeption abgeschlossen und alles installiert wurde, steht noch eine Phase aus, bevor das System in die Produktionsphase übergehen kann: die Inbetriebnahme. In dieser Phase werden Steuerungen integriert, Fehler gefunden und behoben, Prozeduren geschrieben und die Bediener in den neuen Geräten oder Maschinen, Prozessen oder Verfahren geschult. Diese Phase lässt sich schlecht planen und dauert oft länger als erwartet, wodurch sich die Produktion verzögert und die Auslieferung verspätet – was sogar zu verpassten Geschäftsmöglichkeiten führen kann.
Digitale Zwillinge können in vielen Bereichen eingesetzt werden, zum Beispiel für Konstruktionsanpassungen und Diagnoseschritte. Da sie außerdem präzise Abbilder von physischen Assets sind, können sie auch zum Optimieren der Inbetriebnahme eingesetzt werden. Bei der virtuellen Inbetriebnahme wird weder ein reales System noch eine reale Roboterzelle in Betrieb genommen, sondern ein Digitaler Zwilling erstellt und mit diesem das Modell in einer simulierten, virtuellen Umgebung getestet und geprüft. Dies ermöglicht Folgendes:
- Testen und Debugging des Codes in einer virtuellen Umgebung
- Simulieren des Betriebs, Identifizieren von möglichen Problemen und schnelles Bewerten alternativer Lösungen
- Simulieren des Betriebs einer Roboterzelle
- Entwickeln von Betriebsverfahren
- Schulen des leitenden Personals und der Bediener
- Simulieren der Auswirkungen neuer Maschinen auf den bestehenden Betrieb, um „Staubereiche“ und andere räumliche Einschränkungen zu erkennen und vor der Installation zu beheben
Kurz gesagt, ermöglicht die virtuelle Inbetriebnahme es Ingenieuren und Bedienern, neue Installationen sowie deren Anpassungen vor dem Implementieren in der physischen Welt zu testen – sowohl in der Anfangs- als auch in der Wartungsphase. Das führt zu einer reibungsloseren, optimierten Installation und Integration, selteneren Budgetüberschreitungen und weniger ungeplanten Ausfälle, die sich negativ auf die Produktion auswirken können.
Bei der virtuellen Inbetriebnahme wird weder ein reales System noch eine reale Roboterzelle in Betrieb genommen, sondern ein Digitaler Zwilling erstellt und mit diesem das Modell in einer simulierten, virtuellen Umgebung getestet und geprüft.
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